Samstag, 2. Januar 2021

Persönlicher Jahresrückblick - Erkenntnisse im Corona-Jahr

Dieses Jahr verlief irgendwie komplett anders, als wir das gedacht haben, oder uns je hätten vorstellen können. Ich bin durch und durch Optimist. Ich glaube, für irgendetwas ist es gut, was gerade in diesem Jahr passiert ist, gerade um uns herum passiert. Und ich suche mir dabei immer die positiven Momente heraus, denn auch diese gibt es - im Kleinen, wie auch im Großen.

Ich schreibe euch mal meine Erkenntnisse zu diesem Jahr auf - die Reihenfolge ist ohne Wertung - frei nach dem Motto, was mir gerade durch die Birne wuselt. Mit Sicherheit gibt es noch viel viel mehr.


Erkenntnis - Mainzelmann:

Wir lieben uns noch immer. Und das obwohl wir jetzt schon so viele Wochen und Monate aufeinander hocken. Klar, die eine oder andere Meinungsverschiedenheit gibt es auch bei uns. Aber das dauert zum Glück nie zu lange und dann klärt sich das Missverständnis auf. Wir wollen nämlich meist dasgleiche, nur unterschiedlich schnell oder über unterschiedliche Wege.


Erkenntnis - Homeschooling:

Homeschooling ist nichts für mich und die Kinder. Homeschooling und "nebenbei" (und sei es nur halbtags) arbeiten, passt beim besten Willen nicht zusammen. Weder zeitgleich noch nacheinander. Das eine bedeutet, man macht beides nicht gut und letzteres bedeutet, man macht den ganzen Tag nichts anders.


Erkenntnis - Homeoffice:

Reines Homeoffice ist gar nichts für mich. Ich brauche Menschen um mich herum. Ein netter Gruß, ein freundliches Nicken, ein kurzer Klatsch. Das fällt im Homeoffice weg. Auch der (lästige) Weg zur Arbeit. ABER dieser Weg beinhaltet Bewegung: laufen oder radfahren. Da es mir derzeit daheim schwer fällt Sport in den Alltag zu integrieren, ist das ein sehr nettes Gadget.


Erkenntis - Digitale Magie:

Durch das Homeoffice hat meine Prinzessin schon sehr früh ihr eigenes Tablet bekommen. Und auch der Prinz nutzt inzwischen seinen eigenen PC. Die beiden lernen damit unglaublich schnell gut umzugehen. Erschreckend ist für mich allerdings: es ist superschwer die Kinder von dieser digitalen Magie wegzulocken. Sie "schauen" viel mehr als ich jemals wollte. Sie haben ihre Spiele, die sie spielen. Sie haben ihre Sendungen, die sie gern sehen. Sie haben sogar Lern-Apps, die sie nutzen. Der Prinz spricht inzwischen so gutes Englisch, dass seine neue Lehrerin fragte, ob wir ihn zweisprachig erziehen (und sie uns beichtete, dass sie ihm in den nächsten Jahren wohl nichts beibringen kann). Die Prinzessin kann nach einem halben Jahr Schule schon etliche "Spielenachrichten" lesen. Weg vom "Glotzen" klappt eigentlich derzeit nur, wenn ich mich ganz aktiv einbringe: entweder durch einen Ausflug oder durch aktives Bearbeiten, damit sie mit mir spielen oder lesen oder oder oder. Aber auch ich bin nicht immun gegen die digitale Verführung. Noch nie in meinem Leben habe ich so dauerhaft ein Spiel am Handy gespielt, wie die letzten Monate. OK, Gefahr erkannt - jetzt kann ich an Gefahr gebannt arbeiten. Drückt mir die Daumen.


Erkenntnis - Radfahren:

NIEMALS hätte ich gedacht, dass ich sieben (!) Monate komplett mit dem Rad zur Arbeit fahre. Die Ausnahmen sind wirklich Ausnahmen gewesen und belaufen sich im einstelligen Bereich. Schlechtes Wetter ist hier Einstellungssache. Kalt, nass, heiß, dunkel.... zumindest auf die einfache Strecke von 9km aushaltbar. Und bis auf ein Unfall mit einem schicken blauen Bluterguss am Arm hat es wunderbar geklappt. Seit 1.12. bin ich nicht mehr mit dem Rad (sondern mit Öffis) gefahren und es fehlt mir. Auch wenn ich weiß, dass es im neuen Jahr wieder morgendliche Überwindungen kosten wird, im dunklen, müde, bei Kälte aufs Rad zu steigen.


Erkenntnis - Öffis:

In den Öffentlichen Verkehrsmitteln ist es morgens vor dem großen Berufs- und Schülerverkehr gar nicht so voll. Man wird aus dem Bett gezwungen, man wird zur Pünktlichkeit erzogen und das eine oder andere Mal zur morgendlichen Joggingrunde gezwungen. Da erhält das Motto: Wir bewegen Mainz eine ganz andere Bedeutung.


Erkenntnis - Termine:

Es ist gar nicht schlimm, keinen vollen Terminkalender zu haben. Es ist sogar richtig schön, einfach mal mit dem Arsch daheim zu sitzen und niemanden zu treffen. Und hier rede ich tatsächlich von den Menschen, die ich wirklich gerne treffe. 


Erkenntnis - Telefonat:

In einem Telefonat redet man viel intensiver als bei einem Treffen, bei dem die Kinder um einen herumtoben. Aber mir fehlt das gemeinsame Kaffee trinken dabei. Per WhatsAppVideo oder Skype ist einfach nicht dasselbe. Mir scheint es auch sehr ruckelig und instabil - da geht schon wieder sehr viel Vertrautheit verloren.


Erkenntnis - Läuse:

Läuse sind das kleinere Übel gegenüber Corona-Viren. Mit Läusen habe ich im Januar und quasi den gesamten Februar gekämpft. Täglich beide Kinder und mich ausgebürstet - 90 Minuten wurden so in Ruhe verbracht. Meist vor dem Fernseher, gemeinsam. Aber es gab in der Bürstenzeit auch ganz tolle intensive Gespräche. Die Prinzessin fragt ab und an nach, ob ich mal wieder nach Läusen schauen möchte, sie liebt es, wenn ich ihr das Haar ewig lang ausbürste.


Erkenntnis - Urlaub:

Urlaub geht auch gut von daheim. Rheinland-Pfalz ist wirklich schön und bietet genug schöne Ziele. Mit Kindern muss es gar nicht großartig sein, ein schöner Spielplatz am Ende der Fahrt langt auch.


Erkenntnis - Flugzeug:

Fluglärm fehlt mir kein bißchen.


Erkenntnis - Zeitgefühl:

Obwohl wir so unglaublich viel Zeit daheim verbracht haben, ist es hier niemals langweilig geworden. Gefühlt hatte ich oft für viele Dinge viel zu wenig Zeit. Oder anders: Ich nehme mir sehr gern und sehr oft Zeit mit und für die Kinder, und so bleiben Dinge, die ich tun muss einfach auch mal liegen. Ich denke mir immer: Die Kinder werden sich an tolle Spiele, an Lachen, an Lesen, an Ausflüge erinnern, aber niemals daran, wie sauber der Badezimmerspiegel gewesen ist. Deswegen brauchen auch einfach die Renovierungen sehr sehr lange bei uns. Noch ist es jedenfalls kein Verhindern des Endes, weil ich noch unglaublich viele Ideen in meinem Kopf habe.


Erkenntnis - Erkältung:

Durch den ganzen Abstand und Händewaschen und Maske sind wir letztes Jahr wirklich gut durch das gesamte Jahr gekommen. Von Erkältungen sind wir weitgehend verschont geblieben. Keine Schnupfnase im November und Dezember, das ist echt Luxus. Und es spart viel Geld, weil ich nicht zigtausende Taschentücher kaufen muss.


Erkenntnis - Silvester:

Silvester ohne Raketen, Feuerwerk, Geballers und Krach - JA! das ist wunderbar. Eines der vielen Dinge, die ich wahrlich gern beibehalten würde. Vor zig Jahren (das muss so Mitte der 80er gewesen sein, war ich über Weihnachten/Silvester in Wales. Eine schreckliche Erfahrung, weil es Heiligabend keine Geschenke gegeben hat und dann Silvester: Als junges Mädchen wurde ich mit in die Kneipe genommen, damals wurde noch drinnen geraucht - irgendwann bin ich deswegen in der Fremde sogar allein in die Ferienunterkunft zurück gelaufen. ABER: Um Mitternacht stellten sich alle im Kreis auf und sagen ein Lied, danach wurde getanzt. Das war wirklich schön. Und schon damals hätte ich das gern mit nach Deutschland übernommen. Klar, sehe ich mir auch gern die Raketen an. Aber der Krach, der Gestank und vor allem dieses "Ich muss bis Mitternacht wach bleiben", "Ich muss Alkohol trinken, damit ich die anderen alkoholisierten Mitfeiernden ertragen kann", "Ich muss auf Bestellung an dem Tag fröhlich sein" - NEIN, das ist so gar nicht meines.


Erkenntnis - LRS und ADHS:

Der Prinz hat eine Leserechtschreibschwäche, gepaart mit ADHS. Was auch immer ADHS ist, diesen Punkt klammere ich jetzt einfach einmal aus. Leserechtschreibschwäche ist ein richtiges Arschloch und wer kein eigenes Kind mit Leserechtschreibschwäche hat, kann niemals wirklich verstehen, was Eltern hier zusammen mit dem Kind durchmachen. Das Kind will lesen lernen und es bekommt keinerlei Erfolge. Dann endlich ein Erfolg, aber die gesamte Klasse ist längst viel weiter. Förderung über die Schule oder über den Staat kann man an der Stelle komplett vergessen. Wir merken jetzt mit der Prinzessin, wie leicht Kindern ohne Leserechtschreibschwäche lesen lernen fallen kann. Der Prinz im vierten Schuljahr und sie im ersten haben in etwa das gleiche Leselevel. Nein, nicht ganz. Er kennt inzwischen alle Buchstaben und das verflucht sie noch. Beide fangen jetzt gleichzeitig an, mal ein Schild zu entziffern. Selbstgezahlte Lerntherapie hilft und wird heiß geliebt. Auch ein freiwilliges Wiederholen der dritten Klasse, um Druck rauszunehmen ist extrem hilfreich. Ebenso wie ein zeitgleicher Schul- und Lehrerwechsel. Wir lesen alle (inzwischen) gern, aber es ist wirklich schwer 10 Minuten für die Prinzessin, 10 Minuten für den Prinzen und dann noch Zeit zum Vorlesen zu finden. Meist sind es also drei Bücher, die parallel gelesen werden.


Erkenntnis - Kita:

Bis zum Halbjahr war die Prinzessin noch in der Kita. Und ich danke den Erzieherinnen wirklichh herzlich, dass sie sich für die Kinder so viele schöne Dinge haben einfallen lassen, auch als sie daheim gewesen sind. Einiges hatte ich hier im Blog auch vorgestellt.


Erkenntnis - Bücherei:

Wir lieben Büchereien. Wir haben von anfang an mit den Kindern Büchereien besucht und Bücher ausgeliehen. Wir haben Büchereiausweise in Mainz und in Berlin. Und die Bücherei in Mainz hat im Lockdown eine ganz tolle Möglichkeit geschaffen, sich per Mail Bücher zu bestellen und dann abzuholen. Rückgabe erfolgt über eine Box. Und ganz lieben Dank an die Mitarbeiterinnen in der Bücherei, die wirklich immer ganz hervorragend passende Bücher ausgesucht haben.


Erkenntnis - Berlin:

Mir fehlt Berlin! Ich bin zwar nun schon seit 1998 in der bunten Repulik sesshaft geworden, aber mein Herz hat immer einen Koffer in Berlin - auch noch nach 22 Jahren. Normalerweise bin ich dreimal im Jahr (oder auch öfter) eine Woche (oder auch länger *g*) in Berlin. Es ist natürlich einfach, wenn die Mama noch mein altes "Kinderzimmer" zur Verfügung hat.


Erkenntins - Berliner Flughafen:

Apropos Berlin. Berlin hat es nun endlich geschafft den Hauptstadtflughafen von Tegel zum Arsch der Welt zu verlegen. Nicht, dass ich den Flughafen wirklich genützt hätte, oder die Mama. Aber sollte sie je wieder verreisen wollen, braucht sie wohl von daheim bis zum Flughafen so lange, wie der Flieger nach Malle *lach*. Das ist nur mit Öffis zu machen, Auto parken oder Taxi ist hier nicht mehr bezahlbar. Mal sehen, wenn sich der ganze Flugverkehr wieder "normalisiert", ob die Fluggesellschaften hierauf eingehen. Aber muss es denn wieder normal laufen? Muss man dienstlich für einen einstündigen Termin wirklich quer durch Deutschland fliegen?


Erkenntnis - allgemein:

Stress für werdene Mamas führt zu mehr Frühgeburten. Stress unter der Geburt führt zu mehr Kaiserschnitten - dieses entschleunigen ist unglaublich hilf- und lehrreich.


Erkenntnis - allgemein:

Wenn mehr daheim geblieben wird, kann nicht eingebrochen werden - gut für uns, gut für die Versicherungen, schlecht für die Schurken

 

Erkenntnis - allgemein:

Die Paketzusteller haben immer mehr zu tun, aber es wird leichter für sie, weil sie oft die Sachen abstellen dürfen bzw. die Belieferten daheim antreffen.

 

Erkenntnis mit Entsetzen:

Trotz 18km Rad am Tag an 5 Tagen die Woche und das 7 Monate hat mich das blöde Corona 4kg gekostet... Nur leider nicht nach unten, sondern nach oben. Es liegt wohl auch daran, dass ich jetzt wieder mehr koche. Und auch wenn Eigenlob stinkt, es schmeckt mir. Ich genieße das Zaubern in der Küche. Ich liebe es, mit meiner Familie gemeinsam am Tisch zu sitzen und zusammen zu essen. Und so manches Mal gebe ich meiner Lust nach einem Nachschlag einfach nach - zu lecker!

1 Kommentar:

  1. Einiges von Dir kann ich ohne wenn und aber unterschreiben. Hier ist es ähnlich gut gelaufen. Mit meinem Mann könntest mich Monate einsperren. Die Zeit das es mal geraucht hat, ist lange her... weil unsere Jungs schon länger groß sind. Ansonsten haben wir beide einen echt grellen Humor... und das passt für uns beide ziemlich gut ...*gg
    LG und eine ruhige Zeit wünscht Dir Heidi

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