Samstag, 15. Oktober 2022

Schutzengel

Ich glaube ganz fest an meinen Schutzengel. Ich halte mich schon immer an das Motto: "Fahre niemals schneller als dein Schutzengel fliegen kann." Damit fahre ich auf all meinen Wegen sehr gut.

Gestern war mein letzter Arbeitszeit vor dem Urlaub. Ich bin ganz entspannt heimgeradelt. Ich musste zwar pünktlich sein, aber meine Zeit war gut getimet, so dass ich stressfrei radeln konnte. Es war noch hell, es war windstill, es sollte zwar bald zu regnen anfangen, aber noch war alles trocken. Perfektes Wetter für einen perfekten Start in das Wochenende und in den Urlaub.

Also radel ich auf der Hauptstraße. Von rechts kommt ein Auto und stoppt. Ich sehe das Auto und freue mich noch, dass es vor(!) dem Radweg komplett zum stehen kommt. Oft geht ja die Motorhaube schon auf den Radweg und man muss dann einen kleinen Schwenk fahren. Nach der Kreuzung kommt eine Fußgängerampel. Die ist rot. Also rolle ich, in der Hoffnung, dass sie gleich umspringt. Ich sehe noch einmal das Auto "Jupp, steht noch immer." und als ich genau vor dem Auto bin, fährt sie an. Sie hat mich nicht gesehen. Dabei bin ich mit einem 28er Rad unterwegs, ich trage meine neongelbe Jacke, neongelben Helm, es war tags, die Kreuzung ist frei, kein Auto, kein Baum, keine andere Sichtbehinderung. Ich muss wohl genau auf der Höhe ihrer A-Säule gewesen sein.

Ausweichen war nicht mehr. Ich hatte noch den Fuß vom Pedal gehoben, damit ich damit nicht an die Stossstange komme. Mir kam das fallen dann irgendwie in Zeitlupe vor und dennoch habe ich keine Ahnung, wie ich genau aufgekommen bin. Vielleicht hatte ich auch die Augen zu gemacht.

Direkt kam ein junger Mann als Zeuge über die Straße zu mir gerannt und hat geschimpft. Also nicht mit mir, sondern mit der Autofahrerin. Er sagte, er habe es kommen sehen, er dachte wohl noch "sie wird doch nicht genau jetzt losfahren", aber machen konnte er nichts. Auch die Frau ist gleich ausgestiegen. Sie hatte extra angehalten und geschaut. Sie hatte die rote Ampel gesehen und wollte dann nach links abbiegen, damit sie gut auf die Hauptstraße kommt. Sie hatte nach links geschaut, ob noch einer kommt. Sie sagte, sie habe mich definitiv nicht gesehen. Ich glaube ihr das. Ich glaube ihr auch, dass es keine böse Absicht gewesen ist. 

Wir haben dann zu dritt das Rad auf den Bürgesteig gehoben. Leider läßt es sich nicht mehr schieben. Die Frau hat dann ihr Auto geparkt und kam direkt zu mir. Der Schreck sitzt uns allen in den Knochen. Da das Rad nicht mehr fahrbereit ist: Am Lenker ist der Griff gebrochen, das Vorderrad hat eine Acht und auch die Gabel ist verzogen. Ich habe das Rad angeschlossen und die Frau hat mich dann nach Hause gefahren. Die Prinzessin saß schon vor der Tür und hat auf mich gewartet. Hier haben wir dann Adressen getauscht. Dann ist sie weitergefahren. So langsam ließ der Schreck nach und damit merkte ich dann doch, dass ich gestürzt bin. Wegeunfall. Also dem Arbeitgeber Bescheid gegeben. Großer blauer Fleck am Schienbein, ja, da war irgendwie der Rahmen dran. Aber auch die Rippen drücken. Statt Koffer zu packen, bin ich dann lieber zum Unfallarzt gefahren. Dann sind die Verletzungen dokumentiert. Mein Mainzelmann sagte, wir fahren besser nicht direkt heute. Erstmal schauen, wie es mir heute geht. Also, wenn ich überlege, dass ich bei 10-15 km/h war und die Frau eben erst angefahren ist und zwischen uns bevor Aufprall nur 20-40cm waren, dann merke ich davon schon ganz schön die Knochen: Rücken fühlt sich heut morgen steif an, die Schulter ebenso, Handgelenk hatte ich gestern gar nicht bemerkt, aber auch hier merke ich wohl das Aufkommen und Abstützen. 

Mein Schutzengel hat schlimmeres verhindert. Es ist nichts passiert, was nicht heilen wird. 

Ich ärgere mich nur, dass das Rad nicht mehr fahren kann, ich wäre gern direkt aufgestiegen und weitergefahren. Das jetzt in die Werkstatt zu schaffen und drauf zu warten - oder noch schlimmer: Wenn die sagen, man kann es nicht reparieren - das fällt mir schwer. 




Update:

Ich habe das Rad in die Werkstatt gebracht. 

Die gute Nachricht: Es kann repariert werden.

Die schlechte Nachricht: Er kann mir nicht sagen, wie lange es dauert. Und es ist doch einiges, was gemacht werden muss: Reifen vorn, Scheibenbremse vorn, Lenker bzw. Griffe, Kurbel von den Pedalen, Schaltkasten, Schutzblech und die Gabel. Evtl. gibt es noch eine Überraschung mit dem Schaltwerk - uff!

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